Maßstab 1:10 – Wie unsere 3D-Drucke archäologische Arbeit am Pfeilerdenkmal erleichtern
Im Römischen Freilichtmuseum Hechingen-Stein (Zollernalbkreis, Baden-Württemberg) kam es jüngst zu einer archäologischen Sensation. Bei Grabungen stießen Archäologen zufällig auf die Überreste eines antiken Weihedenkmals – eines den römischen Göttern geweihten Pfeilerdenkmals. Über 100 Fragmente aus Sandstein wurden geborgen, darunter Köpfe von Götterstatuen, Teile von Figuren und sogar Bruchstücke mit Inschriften. Der Fund erlaubt tiefe Einblicke in die römische Geschichte der Region und stellt die Fachwelt vor ein spannendes Puzzle.
Entdeckung eines monumentalen Götterpfeilers
Die Entdeckung erfolgte bereits im Sommer 2023 eher zufällig. Eigentlich suchte das Ausgrabungsteam des Landesamts für Denkmalpflege (LAD) und des Fördervereins Freilichtmuseum Hechingen-Stein nach der nördlichen Umfassungsmauer des römischen Gutshofes. Stattdessen fanden sie im angrenzenden Wald diverse Bruchstücke eines großen Götterdenkmals. Am 24. Oktober 2024 wurden diese Funde bei einer öffentlichen Präsentation im Museum erstmals vorgestellt.
Dr. Klaus Kortüm vom Landesamt für Denkmalpflege beschrieb dabei die Anlage: Das Monument bestand ursprünglich aus mehreren übereinandergestapelten Steinquadern, die auf allen Seiten mit Reliefs antiker Götter und Sagengestalten verziert waren. Vermutlich ragte die Pfeilersäule mehrere Meter in die Höhe – Schätzungen zufolge möglicherweise bis zu acht Meter hoch. Solche Monumente waren in den römischen Provinzen an Rhein und Donau äußerst selten, umso bedeutender ist das Hechinger Exemplar, das nach ersten Erkenntnissen außergewöhnlich groß dimensioniert war.
Die einzelnen Blöcke zeigen figürliche Darstellungen aus der römischen Mythologie: erkennbar sind zum Beispiel Gottheiten mit Gewand und Attributen, Teile eines Pferdeschweifes und andere Details. Wahrscheinlich diente der Pfeiler als Weihealtar, der Segen und Schutz für die römische Villa und ihre Bewohner bringen sollte. Wer der einstige Stifter oder Eigentümer dieses Heiligtums war und zu welchem Anlass das Denkmal errichtet wurde, ist noch unbekannt – doch allein die Existenz eines solch aufwendigen Schreins deutet darauf hin, dass es sich um einen sehr wohlhabenden und einflussreichen Gutshofbesitzer handelte.
Zerstörung und Bergung der Fragmente
Archäologische Untersuchungen ergaben, dass das Monument in nachrömischer Zeit mutwillig zerstört wurde. Offenbar wurden die Quader gezielt zertrümmert – möglicherweise um Baumaterial zu gewinnen, wie Fachleute vermuten. Die Trümmer wurden über das Areal verstreut aufgefunden. Bislang konnte nur ein relativ kleiner Teil des ursprünglichen Pfeilerdenkmals wieder lokalisiert werden. Dennoch reicht dieser aus, um einen Eindruck von der ursprünglichen Größe und Gestaltung zu vermitteln. Die schwersten Fragmente – etwa große Reliefblöcke mit Figurenreliefs – wiegen mehrere hundert Kilogramm und mussten von mehreren Personen geborgen werden. Entdeckt wurden u.a. römische Götterköpfe, Gliedmaßen und Ornamente: So fand man einen Steinblock mit dem Relief einer Frau, die eine Blumengirlande trägt, und einen anderen mit der Darstellung eines Mannes mit Stab. Selbst Inschriften sind an manchen Stücken noch zu erkennen – diese könnten bei der weiteren Auswertung helfen, das Puzzle zeitlich und kulturell einzuordnen.
Rekonstruktion mit 3D-Druck im Maßstab 1:10
Da die originalen Steinfragmente aufgrund ihres Gewichts und Zustands nicht einfach wieder zusammengesetzt werden können, haben uns die Archäologen beauftragt, sämtliche Fundstücke hochauflösend zu scannen und präzise Repliken im Maßstab 1:10 anzufertigen. Auf Basis dieser verkleinerten 3D-Drucke lassen sich die Fragmente wie ein räumliches Puzzle zusammensetzen – ganz ohne das Risiko, die oft mehrere hundert Kilogramm schweren Originale heben oder drehen zu müssen.
Das so entstehende maßstabsgetreue Modell des Pfeilerdenkmals dient den Archäolog*innen als Arbeits- und Diskussionsgrundlage, um Form, Reihenfolge und Symbolik der einzelnen Bildblöcke zu rekonstruieren. Die Repliken zeigen alle Seiten der Fragmente und erlauben so eine ganzheitliche Analyse – ein bedeutender Fortschritt für die Forschung, die ohne digitale Hilfsmittel kaum möglich wäre.
Quelle: Klaus Kortüm (LAD), Vortrag - Pressetermin 24.10.2024 in Hechingen-Stein; Foto: Stephanie Sauner